Grund dafür ist einerseits der wachsende Preis von Kryptowährungen auf den sog. Handelsbörsen und andererseits das wachsende Verständnis und die erweiterte Anwendung der Blockchain-Technologie, die mit den Kryptowährungen einhergeht. In diesem Sinne richten immer mehr Unternehmen weltweit, darunter auch Start-Ups, ihren Blick auf das virtuelle Vermögen und basieren ihre Entwicklungen auf dem sich ausbreitenden Blockchain-Konzept.
Bezeichnend in dieser Hinsicht ist nicht nur die wachsende Präsenz von immer mehr institutionellen Investoren (Investmentfonds und öffentlicher Gesellschaften z. B. Tesla Inc.) auf dem Kryptowährungsmarkt, sondern auch die zunehmende Anzahl von Erbringern von Blockchain-basierten Leistungen.
Ungeachtet der Tatsache, dass in bestimmten Ländern (z. B. in den USA) die Kryptowährungen sich immer mehr zu legitimen Investmentvermögen entwickeln, führt der Weg zu der sog. Mass Adoption, rein rechtlich gesehen, nicht über ihre rechtliche Regulierung umhin.
Die ersten Schritte auf EU-Ebene wurden durch die sog. 5. EU-Geldwäscherichtlinie gemacht. Mit dieser Richtlinie wurden einheitliche Regeln für die Erbringer von auf Kryptowährungen basierten Dienstleistungen (Handelsbörsen, Portfolien zur Speicherung von digitalem Vermögen usw.) eingeführt. Natürlich steht hier die Prävention von Geldwäsche im Vordergrund: Pflicht für umfangreiche Kundenkontrollen, Verfolgung von Geldströmen usw. Manche EU-Mitgliedsländer haben ihre eigenen gesetzgeberischen Initiativen gestartet und diesen Sektor ansatzweise geregelt. So haben z. B. Malta, die Bundesrepublik Deutschland und Frankreich tiefgreifende und zugleich vielschichtige Regulierungsmaßnahmen eingeführt.
Gerade das wachsende Interesse der Investoren an die Kryptowährungen, die damit verbundenen Risiken und die nicht auf EU-Ebene vereinheitlichten gesetzgeberischen Lösungen im Hinblick auf diesen noch immer nicht ausgereiften Markt haben die Notwendigkeit einer weiteren Regulierungsebene durchgesetzt. Dazu hat die Kommission als Teil des Digitalen Finanzpakets (Digital Finance Package) eine Verordnung über die Märkte von Kryptovermögen (die sog. Market in Krypto-assets Regulation) vorgeschlagen. Die geplanten Novellen werden aller Aussicht nach in den nächsten 1 – 2 Jahren verabschiedet. Das Inkrafttreten der Verordnung wird voraussichtlich auf 2024 verschoben.
Dieser erste umfassende EU-Rechtsrahmen sieht die Einführung eines Lizenzregimes für alle auf diesem Markt agierenden Geschäftsleute vor, die die ausdrücklich in der Verordnung geregelten Finanzdienstleistungen erbringen, darunter, aber nicht nur, Wechsel von Kryptovermögen gegen Fiat Currency d. h. gesetzliche Zahlungsmittel oder sonstige Kryptowährungen, Management von Handelsplattformen für diese Art von Vermögen, Pflegschaft und Management von Kryptovermögen im Namen Dritter, Anbieten von verbundenen Beratungen usw. Vorgesehen sind auch Regeln über die Emission von virtuellem Vermögen (im Rahmen der sog. Initial Coin Offering – ICO Verfahren) durch die Durchsetzung von Pflichten für die Emittenten im Hinblick auf die Offenlegung von Informationen und die Transparenz ihrer Tätigkeit.
Technisch basieren die Kryptowährungen auf der sog. Distributed-Ledger-Technologie (DLT), was eigentlich auch die Blockchain-Technologie an sich darstellt. Ihrem Wesen nach wird die DLT häufig als Technologie angesehen, die das Potential besitzt, in der Zukunft Anwendung in verschiedenen Geschäftsbereichen, der Verwaltung, der Prozessverfolgung, dem Aufbau von Datenbanken usw. zu finden.
Im Unterschied zu der herkömmlichen zentralen Datenbank, in der jede Dateneingabe durch einen einheitlichen Verwalter (eine Zentralstelle) bestätigt wird, werden bei der DLT die Netzeingaben geteilt. Das Digitalsystem selbst ist nicht an einem bestimmten Ort angesiedelt, sondern alle Teilnehmer und Vorrichtungen, die Zugang zu dem Digitalsystem haben und Teil davon sind (sog. Nodes) können Daten eingeben und dieselben auch bestätigen unabhängig davon, wo sie lokalisiert sind.
Der Ledger, der praktisch ein Buchführungsregister darstellt, enthält Eingaben über Transaktionen, die verschiedene Typen von Vermögen betreffen. Es könnte sich um Sachvermögen (bewegliche und unbewegliche Sachen) und immaterielle Vermögensgegenstände (Wertpapiere, Kryptoaktiva u. a.) handeln. Die Vorteile ergeben sich daraus, dass die Teilnehmer die einzelnen Transaktionen verifizieren und so die Notwendigkeit von Dritten als Vermittler (einheitliche Zentralstelle – Verwalter) entfällt. Nach der Speicherung der einzelnen Transaktion in die Datenbank last sich diese nicht mehr ändern. Ihre Geschichte kann von jeder Person verfolgt werden, die einen Zugang zum System hat.
Der Vorteil dieser Technologie besteht in ihrer breiten Anwendung in verschiedenen Bereichen. Sie könnte unter anderem auch bei der Führung von Grundbüchern, der Eintragung von notariellen Geschäften, der Verfolgung von Geldströmen u. a. angewendet werden.
Auf DLT-Grundlage können auch die sog. „intelligenten Verträge“ (smart contracts) abgeschlossen werden. Im Allgemeinen handelt es sich dabei um einen Programmcode, durch den die interessierten Personen unterschiedliche Parameter ihrer Vertragsverhältnisse wie Preise, Fristen, Standardbedingungen, Sachverhalte usw. zu Grunde legen könnten. Das technische Potential der„intelligenten Verträge“ könnte auch dazu führen, dass die Zukunft von bestimmten Industrien und Wirtschaftsbereichen wie Banking und Finanzen, Gesundheitswesen, Versicherung u. a. von Grund auf umgewandelt wird.
Was einen „intelligenten Vertrag“ vom üblichen Vertrag unterscheidet, sind seine Vertragsklauseln, die mithilfe der Blockchain-Technologie als Programmcode eingegeben werden. Ursprünglich als umsetzungsfertige Vereinbarungen eingegeben, werden die Vertragsklauseln beim Vertragsabschluss (durch die Beteiligten bestätigt) und beim Eintritt des jeweiligen Ereignisses (z. B. Einlangen von Geldmitteln in das Portfolio des Vertragspartners) praktisch automatisch ausgeführt.
In gewissem Sinne ähnelt der„intelligente Vertrag“ in bestimmten Merkmalen dem Akkreditiv, jedoch mit dem wesentlichen Unterschied, dass beim Akkreditiv der Fokus auf die Person gelegt wird, die den „automatischen“ Vorgang managt, also auf die Bank.
Natürlich sind die mit der Verwendung und dem Handel von Kryptowährungen verbundenen Risiken und das Fehlen von Klarheit und Sicherheit bezüglich der utilitären Anwendung der Blockchain-Technologie wohl bekannt und sollen rechtlich geregelt werden.
Asen Apostolov