14-01-2022
Bedeutung des Pfands als Sicherheit für künftige Forderungen in der Praxis
Das Pfandrechtsgesetz hat die Möglichkeit geschaffen, ein Pfandrecht des Schuldners zu begründen, ohne dass der Schuldner den Besitz an der verpfändeten Sache zugunsten des Gläubigers aufgeben muss

1996 wurde mit der Verabschiedung des Sonderpfandgesetzes (SPG) möglich gemacht, dass bei der Pfandbestellung auf das Vermögen des Schuldners dieser das Vermögen, das Pfandgegenstand ist, nicht in den Besitz des Gläubigers übergibt. Vor der Verabschiedung des Sonderpfandgesetzes war das Pfand lediglich im Gesetz über Schuldverhältnisse und Verträge [1] geregelt. Nach dem Gesetz über Schuldverhältnisse und Verträge sollte für die ordentliche Pfandbestellung das Vermögen tatsächlich in den Besitz des Gläubigers übergegeben worden sein. Diese zwingende Voraussetzung schränkte praktisch die Wirtschaftsbeteiligten in ihrem Geschäftsbetrieb ein.

 

Das Sonderpfandgesetz machte es dem Pfandgeber möglich, das gepfändete Vermögen für die Zwecke seiner Geschäftstätigkeit zu nutzen bzw. das ihm gewährte Darlehen zu bedienen. Im Falle der Nichterfüllung verfügt der Gläubiger über eine Sicherheit. Auf diese Weise wurde neben den üblichen Sicherheiten wie Hypothek, Schuldeneintritt und Bürgschaft auch die Möglichkeit zur Bestellung eines Sonderpfandrechts auf (künftige) Forderungen gewährleistet.

 

Nach dem Gesetz ist bei der ordentlichen Bestellung eines Sonderpfandrechts auf eine Forderung keine Bestimmung der Letzteren erforderlich. Eine solche Festlegung wäre undenkbar, wenn der Pfandgegenstand eine künftige Forderung ist, die zum Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheit keine eigenständigen Merkmale besitzt. Es sei dabei betont, dass die fehlende ausdrückliche Angabe der Höhe und der Begründung der gepfändeten künftigen Forderung das Entstehen des Pfandrechts zu Gunsten des Gläubigers nicht ausschließt, wobei der Letztere sich bei Nichterfüllung seitens des Schuldners darauf berufen kann.

 

Immerhin ist nach Möglichkeit und im Hinblick auf die übliche Praxis empfehlenswert, im Vertrag über die Bestellung eines Sonderpfandrechts die künftige Forderung genau mit ihren Merkmalen, Begründung und voraussichtlicher Höhe zu beschreiben. Gleiches gilt für die Sicherheiten für die gepfändete Forderung. So wäre eine zügige und sichere Befriedigung des Gläubigers gewährleistet. Widrigenfalls könnten Schwierigkeiten bei der Vollstreckung eintreten, da es möglich ist, dass zu diesem Zeitpunkt bei der Forderung bereits Änderungen eingetreten sind und der Pfandgeber das Bestehen des Pfandrechts wegen fehlender Möglichkeit der genauen Bestimmung der Forderung bestreitet.

 

Aus diesem Grund soll bei der Strukturierung des künftigen Kredits und seiner Besicherung auch die Möglichkeit der Bestellung eines Sonderpfandrechts auf das Unternehmen des Schuldners erwogen werden. So wäre es für den Gläubiger möglich, sich nach seinem Ermessen aus allen Forderungen und Vermögensgegenständen des Schuldners zu befriedigen. Für den Schuldner wäre es in diesem Fall schwieriger die Anfechtung des Pfandrechts wegen Unbestimmtheit oder unzureichender Individualisierung im Hinblick auf die Unternehmensgeschäfte und den Forderungen daraus zu begründen.

 

Andererseits könnten Probleme bei der Befriedigung des Gläubigers auftreten, wenn der Schuldner das Bestehen der Forderung bestreitet. In diesem Fall kann der Pfandgläubiger als Prozessvertreter des Pfandgebers eine Klage auf die Verurteilung des Schuldners als Drittperson auf Rückzahlung der Forderung erheben. Bei einer solchen Anspruchserhebung im Rechtsweg ist die Vorladung des Pfandschuldners als Prozesspartei zwingend. Solche Probleme lassen sich in der Tat vermeiden, wenn über die gepfändete Forderung eine abschließende gerichtliche Entscheidung vorliegt. In diesem Fall kann der Pfandgläubiger mit dem Eintreiben der Forderung nach dem ordentlichen Vollstreckungsverfahren beginnen.

 

Dazu kommt, dass nach der Novelle des Sonderpfandgesetzes aus 2016 der Pfandgläubiger weitere Hebel zum Einwirken in die Hand bekommen hat, da er nun auch ohne Vollstreckungsbescheid nur auf der Grundlage eines Auszugs aus dem Zentralen Sonderpfandregister, aus dem ersichtlich wird, dass die Vollstreckung über die gepfändeten Forderung aufgenommen werden kann, ein Vollstreckungsverfahren vor einem Gerichtsvollzieher einleiten und alle erforderlichen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durchführen kann, um das Eintreiben seiner Forderung zu gewährleisten. Die Einführung dieser erweiterten Rechte des Pfandgläubigers bei der Zwangsvollstreckung über die gepfändeten Vermögensgegenstände entfaltet auch eine disziplinierende Wirkung auf den Schuldner bei der Kreditbedienung.

 

Dank der flexiblen Regelung der Sonderpfandrechte und der nunmehr möglich gewordenen direkten Vollstreckung werden die guten Praktiken bei den Geschäftsleuten durchgesetzt.



[1] Die Pfände nach dem Handelsgesetz, von denen einige auch die Beibehaltung der Detention vorsahen, wurden auch größtenteils Ende 1996 geregelt. 

 

Pavel Tsanov     Vencislav Semkov