14-01-2022
Wird bei der Übertragung von Grundstücken als Auseinandersetzungsguthaben MwSt geschuldet?
Es kann ein Liquidationsanteil durch einen Beschluss der Generalversammlung in Form von Sacheinlagen gezahlt werden, indem einem Gesellschafter ein Eigentumsrecht an einem Grundstück übertragen wird

Dabei stellt sich die Frage ob eine derartige besondere Übertragung von Grundstücken als Auseinandersetzungsguthaben, wenn sie von einer nach dem MwSt-Gesetz eingetragenen Gesellschaft vorgenommen wird, als eine zu versteuernde Lieferung im Sinne des MwSt-Gesetzes zu behandeln wäre und, wenn ja, wie ist in diesem Fall die Steuergrundlage zu bemessen.

 

In mehreren diesbezüglichen Auslegungsschreiben nimmt die Nationale Einnahmenagentur, was vielleicht auch verständlich ist, eine zu förmliche und auf den Fiskus orientierte Position ein und vertritt die Auffassung, dass die Übertragung eines Grundstücks als Auseinandersetzungsguthaben einer üblichen entgeltlichen Warenlieferung gleichzustellen sei.

 

In diesem Sinne, so die Auffassung der Nationalen Einnahmenagentur, ist die MwSt anzurechnen, wenn ein neues Bauwerk oder ein geregeltes Grundstück als Auseinandersetzungsguthaben übertragen wird. Wenn ein altes Bauwerk (Inbetriebnahme vor mehr als 5 Jahren) oder ein dazu gehörendes Grundstück als Auseinandersetzungsguthaben übertragen werden, so wird keine MwSt geschuldet. 

Bei der Bemessung der Steuergrundlage ist nach Auffassung der Nationalen Einnahmenagentur aus dem Marktwert des als Auseinandersetzungsguthaben übertragenen Grundstücks, der auf der Grundlage der Bewertung durch einen zugelassenen Sachverständigen festgesetzt wurde, auszugehen.

 

Dieses Herangehen der Steuerbehörden in Bezug auf das in Natura ausgezahlte Auseinandersetzungsguthaben wirkt sich auch auf die Körperschaftssteuer aus, soweit bei der Gesellschaft, die das Grundstück als Auseinandersetzungsguthaben überträgt, bei einer positiven Differenz zwischen dem Markt-und dem Buchwert sich auch ein Grund für die Körperschaftsbesteuerung ergeben würde.

 

Die Auffassung der Nationalen Einnahmenagentur bezüglich der Grundstückübertragung als Auseinandersetzungsguthaben wird aber in der Rechtsprechung nicht geteilt. Die Gerichte gehen richtigerweise davon aus, dass die Wirtschaftsteilnehmer, die außerhalb des Umfangs der autonomen Wirtschaftstätigkeit agieren, keine Steuerpflichtigen im Sinne des MwSt-Gesetzes sind. Der Besitz von Aktien oder Geschäftsanteilen an einer Handelsgesellschaft wird im Allgemeinen nicht als autonome Wirtschaftstätigkeit angesehen. Dementsprechend sollten die Erlöse aus Dividenden und Auseinandersetzungsguthaben nicht in den Anwendungsbereich des MwSt-Gesetzes fallen.

 

Bezüglich der Dividenden besteht eine etablierte Rechtsprechung des EuGH, wonach bei der Dividendenauszahlung keine MwSt angerechnet wird. Analog lässt sich schließen, dass die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens nach dem MwSt-Gesetz ähnlich zu behandeln wäre, ungeachtet ob dies in bar oder in Natura durch eine Grundstücksübertragung geschieht, da der Erhalt eines Auseinandersetzungsguthabens die Durchsetzung von Gesellschaftsrechten bedeutet: der Gesellschafter erhält ein Vermögen, das seinem Kapitalanteil entspricht.

 

Die Übertragung eines Grundstücks als Auseinandersetzungsguthaben könnte die Gesellschaft dazu verpflichten, einen Teil des bei dem Grundstückerwerb in Anspruch genommenen Steuerkredits zurückzuzahlen, wenn nach dem jeweiligen Abschreibungsplan der Vermögensgegenstand zum Stichtag seiner Übertragung als Auseinandersetzungsguthaben auf den Gesellschafter noch nicht vollständig abgeschrieben ist. Die Notwendigkeit einer solchen Anpassung bei der Gesellschaft weist aber keinen Bezug zu der Behandlung des Auseinandersetzungsguthabens aus der Sicht des MwSt-Gesetzes auf.

 

Verfassungsmäßig ist Bulgarien ein Rechtsstaat. Dies setzt voraus, dass alle Bürger und alle Behörden und öffentliche Einrichtungen die Gesetze zu befolgen und die Urteile des bulgarischen Gerichts zu beachten haben. Wir können nur darauf hoffen, dass die Steuerbehörden die Rechtsprechung berücksichtigen und die Auffassung der Gerichte bezüglich des besonderen Wesens des Auseinandersetzungsguthabens in Bar oder in Natura akzeptieren und dieses außerhalb des Anwendungsbereichs des MwSt-Gesetzes belassen.

 

Milena Gaidarska